Gefahr im Tränkwasser: Biologe Dr. Michael Saefkow im Podcast-Interview
Pferdebesitzer machen sich ständig Gedanken über die richtige Fütterung ihrer Pferde – aber wie sieht es eigentlich mit dem Tränkwasser aus? Da schlummern etliche Gefahren, die wir allzu oft übersehen, sagt Dr. Michael Saefkow. Der Biologe beschäftigt sich seit Jahren mit der Sauberkeit von Wasser und meint: Im Tränkwasser können sich gesundheitsgefährdende Mikroorganismen finden. Diese Toxine können mittel- oder langfristig zu Krankheiten führen, weil sie das Pferd schleichend vergiften können. Im oben verlinkten Titel finden Sie das Interview.
Woher kommen eigentlich die Schadstoffe im Tränkwasser?
Die Belastung von Brunnen- bzw. Grundwasser mit Schadstoffen kann regional und von Hof zu Hof stark variieren. Verunreinigungen resultieren aus belastetem Boden, Stallstaub, Futterresten, Ausscheidungen, Rohren oder dem Eindringen von Abwasser. Auch wenn die Analysen die wichtigsten Inhaltsstoffe zumeist abdecken, kann man hier nie auf „Nummer Sicher“ gehen. Wenn man alle potenziell gefährlichen Stoffe testen wollte, wäre das sehr teuer. Zudem kommt noch ein wichtiger Faktor hinzu: Cyanotoxine werden von den Tierärzten nicht gefunden, weil Labore diese nicht untersuchten, aus dem einfachen Grund, da man dafür keine Untersuchungsmöglichkeiten hat. Es ist daher nicht ungewöhnlich, wenn Tierärzte die Wasserproblematik als Modeerscheinung abtun.
Ein paar Fragen zum Nachforschen
Wie alt sind die Leitungswasserrohre in den Stallungen?
Ist ihr Pferd gezwungen, Stagnationswasser zu trinken?
Haben Sie schon einmal das Tränkwasser ihres Pferdes untersuchen lassen?
Wollen Sie wissen, ob Ihr Pferd Wasserqualitäten unterscheiden kann?
Wenn das der Fall sein sollte und Ihr Pferd Wasser nach dem Vorbild der Natur lieber säuft als das „Stallwasser“ wären Sie bereit, ihm besseres Wasser zur Verfügung zu stellen?
Können Sie sich vorstellen, dass das richtige Wasser die Leistungsfähigkeit und die Gesundheit sowie das Wohlbefinden Ihres Pferdes steigern kann?
Was sagt das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zur Bedeutung von Tränkwasser?
Die deutsche Trinkwasserverordnung stellt die Qualität von Wasser für den menschlichen Gebrauch sicher. Tränkwasser für Tiere fällt nicht darunter. Begründung: Die meisten Ställe nutzen betriebseigene Wasserversorgungssysteme (z. B. Brunnenwasser).
Rechtlich bindend sind Orientierungswerte vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft nicht. Da belastetes Wasser ernste Erkrankungen wie etwa Darmstörungen, Leistungsabfall oder sogar Vergiftungen zur Folge haben kann, sollte die Qualität routinemäßig oder bei Verdacht auf Verunreinigung sofort überprüft werden.
Die Tränketechnik
Material und Art des Leitungssystems einer Tränkeeinrichtung beeinflussen die Biofilmbildung. Neigt das Material der Leitungen zu Korrosionsschäden oder Schadstoffeinträgen, sind diese für den Einsatz im Stall weniger geeignet. Korrosionen bieten ideale Bedingungen für das Anheften eines Biofilms. Schadstoffeinträge können entstehen, wenn das Material Temperaturen, Druck oder chemischen Stoffen im Zuge der Reinigung und Desinfektion ausgesetzt wird. Problematisch sind vor allem kostengünstige Leitungen aus verzinktem Eisen oder Kunststoff. Gibt es Hinweise für eine starke Biofilmbildung in den Leitungen, kann durch stichprobenartiges Aufschneiden der Leitungen und Betrachtung des Rohrquerschnitts die Situation genauer beurteilt werden. In kritischen Fällen hilft nur der Austausch des Leitungssystems.
Welches Leitungssystem ist vorhanden?
Im Zuge des kompletten Austausches eines Leitungssystems sollte ein Ringleitungssystem einem Stich- und Reihenleitungssystem vorgezogen werden. In Ringleitungen kann das Wasser zirkulieren und Biofilme haben geringere Chancen sich zu entwickeln. Außerdem können Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen einfacher durchgeführt werden und die Leitungen nach einer oralen Gabe von Tierarzneimitteln zur Vermeidung von Verschleppungen mit Wasser durchgespült werden.
Der Stallbetreiber
Wie der Stallbetreiber jedoch mit belastetem Wasser umgeht, liegt in seinem Ermessen, da es keine rechtlich verbindlichen Grenzwerte gibt. Zur Not muss ein Einsteller das Tränken seines Pferds selbst in die Hand nehmen – oder den Stall wechseln.
Nitrat: Die schleichende Gefahr
„Problematisch sind alle Regionen mit Tierhaltungen auf nicht ausreichenden Flächen“, sagt Dietbert Arnold. Verursacht durch die großen Güllemengen, übersteigt deren Nitratgehalt den Bedarf der Pflanzen und sickert ungenutzt bis ins Grundwasser. Mit schlimmen Folgen: „Pferde reagieren besonders empfindlich auf Nitrat. 25 bis 50 mg/l im Wasser können eine schleichende, über 50 mg/l eine akute Vergiftung auslösen“, so der Sachverständige. Die Aufnahme von Nitrat in größeren Mengen hat für Pferde auch starke negative Beeinträchtigungen zur Folge. Der Grund: Nitrat behindert den Sauerstofftransport im Körper und kann so zu einem Mangel an Sauerstoff führen. Die Folgen können von Leistungseinbußen bis hin zu Vergiftungssymptomen reichen.
Warum aber ist der Nitratwert wichtig?
Nitrat verändert den Farbstoff der roten Blutkörperchen, sodass diese weniger oder sogar keinen Sauerstoff mehr transportieren können: „Es beginnt mit einer verschlechterten Sauerstoffversorgung und endet mit dem Tod durch das sogenannte innere Ersticken. Der Orientierungswert des BMEL von 200mg/l ist zu hoch angesetzt.“ Ratsam daher: auch Tränkwasser aus Trinkwasser untersuchen lassen.
Keime
Keime fühlen sich im Brunnen, als auch im Leitungswasser wohl. Sie entstehen im Leitungssystem oder durch Verunreinigungen in der Tränke. Auch Starkregen hat etwas mit der Qualität des Brunnenwassers zu tun und kann ebenfalls einen Keimbefall verursachen. Leider sind Keime unsichtbar und so wird dieser Gefahrenherd nicht erkannt.
Am empfindlichsten reagiert der Darm von Pferden auf die Keimbelastung und ist häufig Ursache für Darmerkrankungen, was man an der Kotkonsistenz erkennt. Denken Sie mal nach! Hat ihr Tierarzt bei einer Darmerkrankung schon mal auf keimbelastetes Tränkwasser getippt?
Trinkt Ihr Pferd zuwenig?
Haben Sie überhaupt einen Überblick über die Tränkmenge? Falls nein, finden Sie nie heraus, ob Ihrem Pferd das Wasser überhaupt schmeckt, denn das sollte es. Nimmt man z.B. den Eisengehalt im Wasser so wird der Geschmack des Wassers. definitiv beeinträchtigt, denn Pferde trinken am liebsten klares, geschmacklich neutrales Wasser – Wasser mit unerwünschten Inhaltsstoffen trinken sie daher ungern und im Zweifel zu wenig.
Schwermetalle, Bakterien, Fäkalkeime, Schwebstoffe, Nitrate, Hormone, Mikroplastik usw.
Wo lauern eigentlich mögliche Gafahren in der Wasserversorgung?
Täter 1: Der Gartenschlauch
Er ist für die Bereitstellung von Trinkwasser nicht geeignet, da der Hersteller nicht verpflichtet ist, auf die Abgabe von krebserregenden Stoffen zu achten. Hierzu eine Stellungnahme des BUND e.V.: „…ÖKO-TEST hat in herkömmlichen PVC-Schläuchen mehrere Schadstoffe nachgewiesen. Die Schläuche enthielten unter anderem Stabilisatoren aus zinnorganische Verbindungen und Weichmacher (…) sogenannte Phthalate (…). Darüber hinaus wurden auch Schwermetalle wie das nervengiftige Blei gefunden. Besonders belastet ist bei hohen Temperaturen im Schlauch abgestandenes Wasser. Die Frage, was nun mit den Pferden passiert, wenn sie aus Tränken saufen, deren Zuleitungen aus Gartenschläuchen bestehen, erübrigt sich wohl von selbst.
Täter 2: Brunnenwasser
Brunnenwasser hat häufig nicht die Qualität eines guten Trinkwassers
„Viele Pferdepensionsställe bieten den Pferden das tägliche Wasser aus eigenen Brunnenanlagen an. Aus Analyseberichten verschiedener Labore kann aber festgestellt werden, dass das Wasser aus vielen Brunnen weit über die zulässigen Grenzwerte für Trinkwasser mit Bakterien belastet ist. Auch hohe Gehalte an Mangan, Eisen, Sulfaten und Nitrat beeinträchtigen letztlich die Gesundheit der Pferde. Krankheiten, Fruchtbarkeitsstörungen, geringe Leistungsfähigkeit und eine zu geringe und damit gesundheitsschädliche Wasseraufnahme sind die Folge.“
Österreich – Barbara Woldrich erfüllte sich im Jahr 2016 einen Lebenstraum: Sie verkaufte ihr Haus in Wien und mietete sich am Areal eines ehemaligen Schlosses in Meidling, Gemeinde Paudorf (NÖ) ein. Der Traum aber platzte, den mehrere Pferde erkrankten, sie selbst litt unter Hautausschlägen und Problemen mit der Schilddrüse. Schuld daran war das Wasser, denn es war mit Pestiziden und Kolibakterien verseucht. Als möglicher Grund wird vermutet, dass auf dem Areal des Schlosses sich bis zum Jahr 2011 eine Außenstelle der Justizanstalt Stein befunden hatte, wo über Jahrzehnte Schweine gezüchtet wurden. Woldrich sieht darin den Ursprung der Verkeimung, der Grundbesitzer Edoardo Pallavicini argumentiert, dass die Keime durch die Pferde ins Wasser gekommen sind.“
Das ist sicher ein Einzelfall, dennoch mein Tipp: Fragen Sie den Stallbetreiber, ob bzw. wann und auf was er das Brunnenwasser getestet hat. Lassen Sie sich die Analysewerte zeigen.
Täter 3: Zisternenwasser
Die Zisterne wird zwar unter der Erde angelegt, doch ganz von den äußeren Einflüssen unabhängig ist dieser Raum natürlich nicht. Regnet es, wird das Wasser vom Hausdach in die Zisterne geleitet, um diese zu befüllen.
Mit dem Regen gelangt aber nicht nur das gewünschte Wasser in die Zisterne. Auch andere Stoffe sorgen für die Verunreinigung, welche langfristig eine hohe Belastung darstellt. Dies sind vor allem Laub und organische Reste, wie etwa Vogelkot, welche über das Regenwasser in die Zisterne gelangen.
Wurde die Reinigung der Zisterne bisher vernachlässigt, wird sich dies darin äußern, dass Fäulnisbakterien beste Wachstumsbedingungen vorfinden. Andernfalls sorgen die anaeroben Fäulnisbakterien dafür, dass jede Menge Schwefelwasserstoff zu einem Geruch nach faulen Eiern führt. Wenn die Zisterne aber zu weit weg von der Pferdetränke ist, kann dieser warnende Geruch nicht wahrgenommen werden.
Auch hier mein Tipp: Fragen Sie den Stallbetreiber, ob bzw. wann und auf was er das Zisternenwasser getestet hat. Lassen Sie sich die Analysewerte zeigen.
Täter 3: IBC Wassertank
Mobile IBC-Container können je nach Größe ein Fassungsvermögen von bis zu 1.200 Litern vorweisen. Zudem sind sie dort aufstellbar, wo sie benötigt werden. IBC-Tanks (die Abkürzung steht für „Intermediate Bulk Container“) sind universell einsetzbare Behälter und werden aus dem sehr robusten und widerstandsfähigen Kunststoff HDPE gefertigt.
Trotz ihres großen Fassungsvermögens sind sie äußerst stabil und lassen sich dem Zweck ideal anpassen. Mit einer stabilen Aluminiumumrandung gesichert, kann der Container auch dem Druck eines Pferdes standhalten, ohne aus der Form zu geraten.
Da diese Art von Vieh- und Pferdetränken keinen Stromanschluss benötigen, ist die Einsatzmöglichkeit auch dort gegeben, wo eine Infrastruktur fehlt. Es muss lediglich sichergestellt sein, dass der Container in bestimmten Abständen neu mit Wasser befüllt wird.
Mit einem Anschlussschlauch, einer Niederdrucktränke oder einer Weidefass-Anschluss-Tränke wird aus dem IBC-Container eine Tränke für die Tiere im Stall oder auf der Weide. …
Dadurch werden Algen- und Bakterienbeläge zuverlässig von den Innenwänden entfernt. Wird der Container danach gründlich gespült und werden alle Dichtungen überprüft, ist er für ein weiteres Jahr einsatzbereit.
Einmal im Jahr sollte der Container vollständig entleert und entweder mittels Tank-Reinigungsmittel auf Silberbasis oder Tank-Reinigungsmittel mit Aktivsauerstoff gereinigt werden.
Auch hier mein Tipp: Fragen Sie den Stallbetreiber, ob bzw. wann der IBC-Tank das letzte Mal gereinigt wurde.
Täter 4: Die Tränkanlage
Wie oft wird diese eigentlich gesäubert? Neulich habe ich in einem Stall aus einer solcher Tränken eine Wasserprobe genommen. Es stand dort abgestandenes Wasser mit Heuresten drin. Es roch leicht modrig und wenn ich frage mich, ob es nicht Tierquälerei ist, wenn ein Pferd abgestandene Wasser in der Leitung trinken muss, bis es an Frischwasser kommt, und dieses auch mit Schadstoffen belastet ist.
Da ich aber keine Ahnung von Trinkwasserhygiene im Stall habe, habe ich mich mal im Netz umgeschaut und bin hier fündig geworden: Wasserhygiene im Pferdestall